Werbeln an einem Sonntag
im
Februar 1945
Johannes Peter Walter
Im Februar 1945 befanden sich die deutschen Soldaten an allen Fronten auf dem Rückzug und die alliierten Streitkräfte hatten zum Teil schon die Grenzen des Reichsgebietes überschritten. Der Februar war auch geprägt von schweren Luftangriffen auf große deutsche Städte wie Dresden und Pforzheim.
Die Bewohner von Werbeln waren, bis auf wenige Ausnahmen (ca. 80 Einwohner waren bis Mitte Januar im Dorf geblieben), bereits 1944 wieder evakuiert worden und der Ort selbst durch amerikanische Truppen besetzt. Deutsche Einheiten ihrerseits hatten Stellungen in Schaffhausen bezogen und hielten auch die „Höhe 283“ (heutiger Wasserturm in Wehrden).
Die nachfolgende Lagekarte (Unternehmen "Nordwind" - Letzte Offensive deutscher Streitkräfte an der Westfront mit Schwerpunkt im Elsaß und Lothringen) zeigt den Frontverlauf Anfang Januar 1945 in unserer Region.
An dieser Lage am Ende des Neujahrstages 1945 änderte sich bis in den darauffolgenden Monat hinein nur wenig.
Ein großer Teil der amerikanischen Soldaten, die im Februar 1945 in Werbeln im Einsatz waren, gehörten zum 101. Kavallerie-Regiment, einer motorisierten Aufklärungseinheit, die ab 09. Februar 1945 aktiv in die Kampfhandlungen auf europäischem Boden eingriff.
In ihrem Buch „Tracking The 101st Cavalry“ (Auf den Spuren des 101. Kavallerie-Regiments) beschreibt Melaney Welch Moisan, deren Vater ebenfalls diesem Regiment angehörte, die Kriegserlebnisse der Soldaten dieser Einheit.
Mit Erlaubnis der Autorin veröffentlichen wir nachfolgend einen Ausschnitt aus ihrem Buch, der das tragische Schicksal einiger amerikanischer Soldaten und eines deutschen Kriegsgefangenen am 25. Februar 1945 beschreibt.
Deutsche Übersetzung
Am Nachmittag des 25. Februar befanden sich Leutnant Charles Pierce, Trupp A, 116. Kompanie, und Leutnant Alfred Kupferschmidt vom Verhörteam (Interrogation Prisoner of War Team = IPW), zusammen mit einem Kriegsgefangenen, der früher an diesem Tag gefangen genommen worden war, an einem Außenposten (Vorposten) des Trupp A. Der Gefangene zeigte den beiden spezielle Einrichtungen (Stellungen) in Schaffhausen und erzählte Pierce und Kupferschmidt dann, dass er und der zweite Gefangene ihre Waffen etwa fünfzig Meter entfernt im Wald weggeworfen hätten, nicht weit von der Stelle, an der sie sich zur Aufgabe entschlossen hatten.
Pierce und Kupferschmidt forderten den Gefangenen auf, ihnen die Stelle zu zeigen und gegen 17.30 Uhr an diesem Abend bewegte sich die Gruppe den Hügel hinunter. An dessen Fuß trafen sie auf andere Mitglieder der 116. Kompanie: Oberleutnant Robert Schafer, Feldwebel Walter Mennel und den Soldaten Earl Geiger, alle vom Trupp C; und auf Feldwebel John Schnalzer, Trupp A. Die Männer, mit dem Gefangenen an der Spitze, bewegten sich am Fuße des Hügels in der Dunkelheit des frühen Abends vorsichtig am Rande eines markierten Minenfeldes entlang, das am Waldrand angelegt war. Sie bewegten sich langsam, da ein falscher Schritt ihnen zum Verhängnis werden konnte. Stattdessen kam die Katastrophe jedoch vom Himmel als, ohne Vorwarnung, massives Mörserfeuer um sie herum niederging.
Die Explosion tötete Leutnant Pierce sofort, und Feldwebel Schnalzer sprang in einen in der Nähe liegenden Wassergraben bzw. wurde dort hineingeschleudert. Oberleutnant Schafer sprang in den selben Graben und fiel auf Schnalzer. Gerade als sie gelandet waren flog eine zweite Mörsergranate durch die Luft und explodierte genau über ihnen. Schafer wurde auf der Stelle getötet und sein Körper aus dem Graben heraus an den Rand des Minenfeldes geschleudert.
An Armen und Beinen verwundet gelang es Feldwebel Schnalzer aufzuspringen und den Weg zurückzulaufen, den sie gekommen waren, um in einem kleinen Backsteingebäude Schutz zu suchen. Während er lief, bemerkte er, dass der Gefangene in Panik direkt in das Minenfeld lief. Schnalzer konnte nur zusehen, wie der fliehende Gefangene auf eine Mine trat und in die Luft flog. Ebenfalls getötet wurde Leutnant Kupferschmidt, der innerhalb einer Stunde seinen Verletzungen erlag, und Feldwebel Mennel, der später am Tag verstarb. Soldat Geiger wurde schwer verletzt.
(Aus dem Buch „Tracking The 101st Cavalry“ von Melaney Welch Moisan Seiten 29 u. 30)
Der Ort der oben geschilderten Ereignisse war mit ziemlicher Sicherheit der Waldrand am Ende der Straße "Zum Mühlenbach".
Englischer Originaltext
Die amerikanischen Gefallenen
- 2Lt Alfred Kupferschmidt, geb. 1922 in Berlin (Deutschland)
- 2Lt Charles N. Pierce, geb. 1924 in Nebraska, USA
- 1Lt Robert Knox Schafer, geb. 10. November 1922 in
Oklahoma City, USA
fanden auf dem amerikanischen Soldatenfriedhof Epinal in Frankreich ihre letzte Ruhe.
Über die Gräber von S/Sgt. Walter Mennel und des deutschen Kriegsgefangenen ist uns nichts bekannt.
Operationskarte der "101st Cav Grp (Mesz)"
vom 11.02. - 15.03.1945
Bilder der "101st Cavalry Grp"
Die u. a. historischen Bilder (des US Army Signal Corps) sind mit dem amerikanischen Originaltext versehen.
Bild Nr. 8 zeigt den im Pfäzer Wald gelegenen Ort Nothweiler. Die Bilder Nr. 9 u. 10 zeigen die gleiche Perspektive im Jahr 2019.