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Römische Siedlungsplätze und alte Agrarstrukturen im Warndt

Der nachstehende Beitrag stellt eine Kurzfassung des

gleichnamigen Aufsatzes des Autors dar, der im Tagungsband

zu den Archäologentagen Otzenhausen 2016 veröffentlicht wurde.

 

Von Stefan Zender

Der Warndt bildet mit seiner ca. 5000 ha umfassenden Fläche den südwestlichen Abschluss des Saarkohlenwaldes. In geologischer Hinsicht handelt es sich um eine zum Teil mit diluvialem Lehm bedeckte Hochfläche des mittleren Buntsandsteins1, der auf Steinkohle lagert (Diluvialer Lehm ist in der Eiszeit durch Anschwemmung und Gletscherablagerungen entstanden). Der Warndt ist von vielen kleinen Wasserläufen durchzogen, die heute wegen der hohen Grundwasserförderung weitgehend ausgetrocknet sind.


Während die aus schriftlichen Quellen zu entnehmende Geschichte der am Rande des Warndts liegenden Dörfer zum Teil bis ins 10. Jahrhundert zurückreicht, sind die zentral gelegenen Ortschaften im Warndt junge Gründungen der Fürsten von Nassau-Saarbrücken, die lothringische Hugenotten hier ansiedelten. Das von den Hugenotten mitgebrachte Glasbläserhandwerk führte zum Aufblühen der Region und spiegelt sich im Nachweis von über zwanzig Glashütten wider. Die Fürsten haben den Dörfern in mehreren Fällen ihren jeweiligen Namen gegeben; das älteste ist Ludweiler (1604), das jüngste Friedrichweiler (1725).

 

Vorgeschichtliche Relikte sind im Warndt selten. Im Allgemeinen wird angenommen, dass der unfruchtbare Sandboden eine frühe Besiedlung und somit eine Rodung des Waldes verhindert hat. Für die Randbezirke des Warndts, so z. B. für Differten, ist bereits seit dem
19. Jahrhundert bekannt, dass es dort eine römerzeitliche Besiedlung gab. Die inneren Waldgebiete jedoch, die von der Anlage der frühneuzeitlichen Dörfer unberührt geblieben waren, galten lange auch noch für die römische Zeit als weitgehend siedlungsleer.

 

Bereits im 19. Jahrhundert jedoch erwähnte Friedrich Schröter (er war der erste Vorsitzende des 1839 gegründeten „Historischen Vereins für die Saargegend“) für den Lauterbacher Forstbezirk „Gebräch“ römische Siedlungsreste neben „zwei wasserhaltigen Lachen“2. Er hatte jedoch noch keine Vorstellung von einer homogenen, durch den gesamten Wald streuenden, römerzeitlichen Besiedlung des Warndts. Diese Erkenntnis blieb der um das Jahr 1970 einsetzenden ehrenamtlichen archäologischen Forschung im Warndt vorbehalten. Seit dieser Zeit wurde der Wald intensiv von einigen ehrenamtlich tätigen Personen begangen, die nach und nach auf immer mehr römische Siedlungsplätze neben eigentümlichen Vertiefungen im Boden stießen. Viele Fundmeldungen verdanken wir den Herren Georg Meilchen aus Großrosseln und Werner Weiter aus St. Nikolaus.

 

Derzeit sind insgesamt 27 gesicherte römische Siedlungsplätze dieser Art im Warndt zu verzeichnen. Allen diesen Fundplätzen ist gemeinsam, dass man unmittelbar neben einer von Menschen geschaffenen Vertiefung römische Siedlungsreste findet, wie z. B. Ziegel, Steine, Keramik und gelegentlich Fragmente von Mahlsteinen.

 

1 Kolling 1978/1979, 78

2 Schröter 1846-1867a, 136

Durch den Einsatz der fortschrittlichen Lasertechnik LiDAR (= Light Detect and Ranging) steht dem Landesdenkmalamt des Saarlandes seit 2008 ein flächendeckendes digitales Relief zur Verfügung. Dadurch konnten im Warndt zahlreiche ausgedehnte Agrarstrukturen nachgewiesen werden, die im Gelände mit bloßem Auge häufig gar nicht oder nur schwer zu erkennen sind. Diese Strukturen sind Stufenraine oder sehr niedrige, aber mehrere Meter breite Bodenwellen, die in großer Zahl geschlossene Formen wie Rechtecke und Trapeze bilden. Sie dürften durch das Zusammentragen von Lesesteinen und das Wenden des Pfluges entstanden sein.

 

Die Verbreitung der römischen Siedlungsplätze neben Vertiefungen und die Ausdehnung der Agrarstrukturen sind der nachfolgenden Reliefkarte (Abb. 1) zu entnehmen.

Abb. 1 - Reliefkarte der römischen Siedlungsplätze und der Agrarstrukturen, braun: alte Wegeverläufe (Grafik: S. Zender; Quelle: LVGL Saarland, Liz.-Nr.: U-11/16)

 

Die Siedlungsplätze liegen auf Höhenrücken zwischen Bachläufen, niemals unmittelbar an den Bächen oder ihren Quellen selbst. Die Vertiefungen findet man meist einzeln im Gelände, in seltenen Fällen liegen zwei oder in einem Fall drei Gruben in geringer Entfernung nebeneinander. Einige sind gleichmäßig rund, jedoch haben die meisten einen unregelmäßigen Umriss. Ihr Durchmesser reicht meistens von fünf bis zehn Metern bei maximal einem Meter Tiefe. In einem Ausnahmefall ist ein Durchmesser von 25 m bei einer Tiefe von zwei Metern festzustellen. Die Vertiefungen sind voll Wasser oder Schlamm. Sie sind im Sommer beinahe trocken, bleiben aber im Zentrum immer etwas feuchter als die Umgebung. Sie werden gerne von Wildschweinen als Suhlen genutzt.

 

Am wahrscheinlichsten erscheint, dass die Vertiefungen durch die Entnahme von Lehm zur Verwendung für den Hausbau oder zur Keramikherstellung entstanden sind. Nachdem sie sich mit Wasser gefüllt hatten, könnten sie zur Einlagerung von Hölzern, als Viehtränke, Waschplatz, Flachsröste (Flachsrotte) oder Abfallkippe gedient haben.

Abb. 2: Neben derartigen Vertiefungen im Warndt findet man häufig römische Siedlungsreste (Foto: S. Zender).

 

Auf dem nachfolgenden Laserscan (Abb. 3), der beispielhaft für zahlreiche vergleichbare Aufnahmen steht, sind die angesprochenen Agrarstrukturen gut zu erkennen und auf der zweiten Abbildung (Abb. 4) nochmals farblich hervorgehoben. Die grünen Pfeile zeigen auf die vorher erwähnten Vertiefungen.

 

Abb. 3: Gebiete mit Agrarstrukturen (gelbe Zahlen) und römische Siedlungsplätze neben Vertiefungen (grüne Pfeile) im nördlichen Warndt (Grafik: S. Zender; Quelle: LVGL Saarland, Liz.-Nr.: U-11/16).

 

Abb. 4: Gebiete mit Agrarstrukturen (gelbe Zahlen) und römische Siedlungsplätze neben Vertiefungen (grüne Pfeile) im nördlichen Warndt. Die Agrarstrukturen sind rot markiert; braun: alter Wegeverlauf (Grafik: S. Zender; Quelle: LVGL Saarland, Liz.-Nr.: U-11/16).

Die bewirtschafteten Flächen erscheinen im Verhältnis zu den offenbar einfachen und kleinen römischen Waldbauerngehöften viel zu groß, als dass sie allein der Versorgung der vor Ort ansässigen Siedler hätten dienen können. Alfons Kolling (1922 – 2003; früherer Landeskonservator des Saarlands) vermutete, dass der Impuls zur Besiedlung des Warndts von dicht besiedelten fruchtbaren Landstrichen in der Umgebung ausging3. Dann wäre es immerhin denkbar, dass die Neusiedler im Warndt als Pächter oder abhängige Bauern von Landbesitzern ihrer Herkunftsregion angesehen werden könnten4. Bereits der Augustinermönch Dom Calmet hat im Jahr 1757 eine Straßenverbindung zwischen den römischen Vici (Siedlungen mit kleinstädtischem Charakter) auf dem Hérapel bei Cocheren (F) und Contiomagus bei Dillingen-Pachten erwähnt5. Der Straßenverlauf konnte bisher nicht sicher festgestellt werden. Möglicherweise dienten die im Beitrag vorgestellten Strukturen als ausgedehnte Flächen für Ackerbau und Weidewirtschaft zur Versorgung der beiden Vici.

 

Nach dem Ende der römischen Herrschaft in unserer Region wurden die Siedlungsplätze aufgegeben. Dementsprechend zeigen auch die historischen Karten wie Mercators Lotharingia ducatus (1585), die Karten der Brüder Naudin (1736), das Kartenwerk von Tranchot-von Müffling (1818, Blatt Ludweiler) und auch die ersten Messtischblätter (1850) nur Wald und die jeweils schon vorhandenen Dörfer.

 

Das wichtigste noch ungelöste Problem ist die Datierung der Agrarstrukturen. Ausgrabungen an den Strukturen, die in dieser Frage vielleicht weiterhelfen könnten, haben bisher leider nicht stattgefunden. Allerdings sprechen deutliche Indizien, insbesondere die Tatsache, dass fast alle römischen Siedlungsplätze in Gebieten mit Agrarstrukturen liegen, dafür, dass auch die Agrarstrukturen in die Römerzeit zu datieren sind (vgl. Abb. 1).

 

Literatur

 

(Es ist nur die in der Kurzfassung zitierte Literatur angegeben.)

 

 

Calmet 1757 = A. Calmet, Histoire de Lorraine, nouvelle edition, Band 7.

 

Freis 1999 = H. Freis, Das Saarland zur Römerzeit. Saarland-Hefte 1, 2. unveränderte Auflage (Saarbrücken 1999).

 

Kolling 1976b = A. Kolling, Ein römerzeitlicher Grabhügel mit mehreren Steinkisten. In: Bericht der staatlichen Denkmalpflege im Saarland (23), 59-65.

 

Kolling 1978/1979 = A. Kolling, Neuer Fund einer Jupitergigantensäule im Warndt-Wald bei Saarbrücken. In: Bericht der staatlichen Denkmalpflege im Saarland (25/26), 77-85.

 

Schröter 1846-1867a = F. Schröter, Über die römischen Niederlassungen und die Römerstraßen in den Saargegenden. Mittheilungen des historisch-antiquarischen Vereins für die Städte Saarbrücken und
St. Johann und deren Umgebung, 2. Abt. (1852), Saarbrücken [Nachdruck 1979].

 

 

_________________

3 Kolling 1976b, 63

4 Vgl. Freis 1999, 35

5 Calmet 1757, Bd. 7, Sp. 12

Filmbericht über den Heimatforscher

Stefan Zender aus Differten

 

in der Reihe "Wir im Saarland - Saar nur!"

des Saarländischen Rundfunks.

 

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